Alex McCarthy | DIE SCHÖNHEIT DER ROSALIND BONE

UK 2023 | 160 Seiten | 22 Euro
OT: »The Unbroken Beauty of Rosalind Bone«
Aus dem Englischen von Silke Jellinghaus
Goya Verlag
ISBN: 978-3-8337-4640-6

Als das Gras Feuer fing, wurde es schwarz, bevor man auch nur eine Flamme sah, seine Farbe verzehrt von der unsichtbaren Hitze, es blieb nur ein Flickenteppich aus brüchigen, verkohlten Stoppeln.

(Seite 9)

Was ist Schönheit? Schönheit ist ein Segen, denn schöne Menschen haben es oft und in vielen Belangen leichter im Leben. Aber Schönheit kann auch eine Last sein, wenn sie Neid hervorruft, und ein Fluch, wenn der Neid in Hass umschlägt. Alex McCarthy erzählt in ihrem Debüt die Geschichte einer Frau, der ihre Schönheit zum Verhängnis wird.

Der Roman spielt in einem verschlafenen walisischen Ort namens Cwmcysgod, ausgesprochen ungefähr Kumkasgod, was soviel wie Schattental bedeutet – ein äußerst passender Name. Trotz der idyllischen Gegend herrscht unter den Menschen, die hier wohnen, eher eine lähmende Tristesse. Die Bergwerke sind nach einem schweren Unfall vor langer Zeit geschlossen, viele Leute sind arbeitslos; die Männer flüchten sich in den Alkohol – wenn nicht sogar in den Freitod –, die Frauen geben sich alle Mühe, den Ort am Laufen zu halten, und die Jugend weiß vor lauter Langeweile nicht mehr, welche Drogen sie als nächstes nehmen oder welches Haus sie noch anzünden wollen.

Das einzig wirklich Schöne, das dieser Ort jemals hervorgebracht hat, war Rosalind Bone – der Augenstern des ganzen Dorfes. Das Mädchen war so schön, dass der bloße Anblick die Herzen aller schier zum Überkochen bringen konnte. Doch Rosalind ist schon vor Jahrzehnten weggelaufen, wahrscheinlich, weil sie schon früh wusste, dass sie nicht für dieses triste Nest gemacht ist. Ihre Schwester Mary dagegen ist geblieben, das andere Mädchen, das immer in Rosalinds Schatten stand und nie so richtig beachtet wurde.

Die Jahre vergingen und Rosalind wurde fast vergessen, bis Marys Tochter Catrin ein Foto ihrer schönen Tante findet. Gleichzeitig wird in den Wäldern eine alte, völlig zerlumpte Frau aus den Ruinen eines abgebrannten Hauses geborgen, und Catrin beginnt, in den Dorfgeheimnissen herumzustochern.


Auf gerade mal hundertsechzig Seiten entwirft Alex McCarthy in DIE SCHÖNHEIT DER ROSALIND BONE das finstere Sittenbild einer trügerischen Dorfgemeinschaft. In vielen kurzen Kapiteln blickt sie in die Gedanken einiger Bewohner, wechselt gekonnt zwischen den Jahrzehnten und gibt stets genau so viele Informationen preis, das sich nach und nach erahnen lässt, was in dem Dorf vorgefallen ist. Die Tragödie, die sich auf diese Weise entblättert, ist dermaßen erschütternd, dass mir ab und zu echt der Atem stockte.

Trotz aller Dramatik bleibt der Ton, den McCarthy in ihren Sätzen anschlägt, meist ruhig, fast gelassen, was das Geschehene noch viel bestürzender macht. Das Buch schlug mich von der ersten Seite an in seinen Bann, berührte mich, machte mich wütend und entließ mich schließlich tief bewegt. Ein intensiver Roman, den ich sehr empfehlen kann.


DIE SCHÖNHEIT DER ROSALIND BONE erschien im Goya Verlag, dem ich herzlichst für das Rezensionsexemplar danke. Mit einem Klick auf das Coverbild gelangt Ihr zur Verlagsseite, wo Ihr Informationen über Buch und Autor/in, sowie eine Leseprobe findet.

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