FBM19-Tagebuch | Messedonnerstag

Weil es gestern so spät wurde, gebe ich mir heute mal ’ne halbe Stunde länger und stehe erst um 7°° Uhr auf. Trotz der wenigen Stunden Schlaf, bin ich erstaunlich munter; das muss am Bett liegen. Die Matratze gibt kaum nach, die ist härter als das Leben in der Bronx, und die Bettdecke ist dermaßen prall gefüllt, die muss ’n Zentner wiegen. Klingt erstmal ungemütlich, ist aber anscheinend genau das, was ich brauche. Ich lege mich da rein und es ist wie in einer Schrottpresse, aber ich schlafe schlagartig tief und fest ein. So etwas brauche ich zu Hause auch. (Wälz schon mal die Kataloge, Schatz!)

Heute also Spätstart mit umfangreichem Frühstück in Hanau. Im Regional-Express nach Frankfurt fällt mir dann auf, dass ich meinen Presse-Ausweis in der Unterkunft liegengelassen habe. Keine Ahnung, was so eine Tageskarte für die Messe kostet, aber mein Bargeld wird ohnehin schon knapp. Also steige ich in Offenbach aus, nehme den Zug zurück nach Hanau und dann den Bus nach Großkrotzenburg. Ich schnappe mir den Ausweis – Er liegt genau auf dem Tisch an der Tür, riesengroß und leuchtend rot; wie kann man so etwas nur übersehen!? – und düse wieder zurück. Auf diese Weise können gut und gerne mal anderthalb Stunden ins Land gehen. Meinen ersten Termin beim Mare-Verlag verpasse ich daraufhin prompt, hätte ich mal nicht so viel gebummelt.

Um 12:30 Uhr geht’s in den Pavillon, einem großen weißen Gebäude aus Holz und Folie mitten auf dem zentralen Platz. In diesem Jahr startet dort die dritte Staffel des Blogbuster-Preises, für den ich in der zehnköpfigen Bloggerjury mitmischen darf. (Vielen Dank nochmal an Tobias vom Buchrevier – dem Initiator dieses Preises – für die Einladung!) Ziel des Projektes ist, einer Autorin oder einem Autor zu einer Veröffentlichung zu verhelfen. In den nächsten Monaten werden meine Mitstreiter und ich uns durch einen ganzen Haufen unveröffentlichter Roman-Manuskripte arbeiten. Jeder von uns schickt dann seinen Favoriten ins Rennen, eine Fachjury wird eine Shortlist bekanntgeben und schließlich den Siegertitel kühren. Dieser Text wird dann bei Eichborn erscheinen, dem diesjährigen Partnerverlag. Bin sehr gespannt, was mir da alles so zugeschickt wird.

Blogbuster2020.jpg
(c) Blogbuster

Nach ein paar Gesprächsterminen bei verschiedenen Verlagen, steht der Nachmittag ganz im Zeichen von Bloggertreffen. Die Verlage Suhrkamp (15°° Uhr) und Hanser (17°° Uhr) haben groß geladen, verteilen Sekt und Snacks und überall gibt es Buchgeschenke. (Besonders gefreut habe ich mich über Queneaus ZAZIE IN DER METRO in der Neuübersetzung von Frank Heibert. Ich hab die alte Ausgabe noch irgendwo im Regal liegen und werde beide Texte mal parallel lesen, da hat sich sicher einiges getan.) Wie das bei solchen Veranstaltungen üblich ist, trifft man viele Leute, man quatscht, trinkt und lacht. Aber vor allem steht man. Stundenlang. Auf einem Fleck. Die Lampen über den Ständen sind sehr warm, die Gurte der Umhängetaschen drücken sich immer tiefer in die Schultern und die Henkel der schweren Buchbeutel schnüren einem die Finger ab. Irgendwann gebe ich auf – mir tut alles weh, ich muss nach Hause. Als ich das letzte Mal den Rücken durchgestreckt habe, dachte ich, hinter mir hätte jemand einen Baum gefällt, so laut hat das geknackt. Also los jetzt, genug für heute.

Draußen regnet es schon seit Stunden, es ist dunkel, nass und voller Menschen, die alle gerade die Messe verlassen. Trotzdem bekomme ich locker einen Platz in der Straßenbahn. (Das mit dem Besucherstrom ist – im Gegensatz zur Leipziger Buchmesse – hier sehr viel besser geregelt. In Leipzig habe ich Bahnen gesehen, die zum Bersten gefüllt waren und an die Rush Hour in Tokio erinnerten. In Frankfurt ist das wirklich sehr viel entspannter.)

Der lange Weg nach Hause ist eine gefährliche Abenteuerreise voller Herausforderungen für mich, meinen Rücken und meine Füße. Jeder Schritt ist eine Meile, jede Stufe ein Berggipfel, jedes Hinsetzen ein Tod und jedes Aufstehen eine Geburt. Aber ich schaffe es irgendwie nach Großkrotzenburg zurück in mein Zimmer und mit einem letzten Umfallen ins Bett. Nachdem ich einige Minuten apathisch an die Zimmerdecke geglotzt habe, fasse ich neuen Mut und versuche, mich mit etwas Gymnastik auf Vordermann zu bringen. Schon bei der zweiten Kniebeuge komme ich nicht mehr hoch, hocke auf dem Boden und fange verzweifelt an zu lachen, obwohl ich eigentlich weinen müsste. Erbärmlich! Geh bloß ins Bett, du alter Mann; das ist ja nicht mitanzusehen!

Na gut…


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