D 2015 | 348 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-04828-5
Es war schon immer ganz gleich, wann ich meine Großeltern besuchte. Ob ich vier, zehn oder fünfzehn Jahre alt war, sie blieben immer dieselben. (Seite 7)
Meine letzte Rezension 2018 gilt – wie auch im Vorjahr schon – Joachim Meyerhoff. Im nunmehr dritten Teil seiner ALLE TOTEN FLIEGEN HOCH-Reihe widmet er sich den Lehrjahren an einer Schauspielschule in München, an der er unverhofft angenommen wird. Wohnhaft ist während dieser Zeit bei seinen Großeltern in einer herrschaftlichen Villa im vornehmen Münchner Stadtteil Nymphenburg. Die Großeltern – er ein angesehener Philosoph; sie ein ehemaliger Theaterstar – haben einen zwischen strengen Ritualen festverankerten Tagesablauf, der von morgens bis abends mit sehr viel Alkoholgenuss einhergeht, ein Pensum, mit dem der junge Joachim erstmal klarkommen muss.
Ganz im Gegensatz zu den klaren Linien im großelterlichen Anwesen geht es in der Schauspielschule ab. Hier wird Joachim nach Strich und Faden auseinandergenommen und in teils sinnarmen, teils beschämenden Übungen bunt durcheinander wieder zusammengeflickt. Es geht bei der Ausbildung offenbar weniger um das Erlernen von Rollen, als mehr um das Erreichen und Überschreiten von Scham- und Belastungsgrenzen. So hatte sich Joachim das nicht vorgestellt und er ist mehrere Male kurz davor, das Handtuch zu werfen…
Wie schon im Vorgänger-Roman zeigt Meyerhoff einen zielsicheren Sinn für Humor, ohne dabei die Last des Lebens zu vergessen, die ein jeder wohl für gewöhnlich mit sich herumschleppt. Wer den Autor schon mal live erlebt hat, weiß, wieviel Energie und Lebensfreude von diesem Mann ausgeht, und doch schwebt immer diese Todesahnung mit. Während er sich mit den wirklichen Schicksalsschlägen in diesem Band aber gut Zeit lässt, vertraut Meyerhoff gut dreihundert Seiten lang auf ein Anekdoten-Ping-Pong zwischen Schauspielschule und Großeltern-Villa. Zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, beide aber ein schier unersättliches Arsenal an Pointen und Runnig-Gags bieten. Ich muss ehrlich zugeben, dass die Großeltern relativ früh im Buch anfingen, mich mit ihrem Gehabe ordentlich zu nerven, mich interessierten die Szenen in der Schule um einiges mehr. Allerdings schloss ich zum Ende hin meinen Frieden mit ihnen, gerade rechtzeitig, um das Buch doch noch für sehr lesenswert zu befinden.
ACH, DIESE LÜCKE, DIESE ENTSETZLICHE LÜCKE erschien bei Kiepenheuer & Witsch und ist dort mittlerweile auch als Taschenbuch erhältlich. Alle Informationen über Buch und Autor findet Ihr hier. Und noch eine kleine Bitte: Kauft Bücher in Euren Buchhandlungen vor Ort. Die Online-Riesen sind schon satt genug und Eure Innenstädte werden es Euch danken.
Ich habe dieses Buch als Hörbuch gehört (und das erste von Meyerhoff – auch wenn es Band 3 ist) und war begeistert 🙂 Lag aber bestimmt auch mit an der genialen Lesart von Joachim Meyerhoff.
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Ja, der liest genial.
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[…] da noch einiges zu berichten gibt. Während die ersten drei Bände die Jugend, die Kindheit und die Ausbildung beleuchten, sind die Themen des letzten Teils Liebe und Beruf … und wie man dazwischen […]
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