LBM19-Tagebuch | Rückfahrt

So, jetzt bin ich wieder zu Hause, hab gegessen, die Füße ein wenig hochgelegt und die Gedanken geordnet. Die Fahrt zurück war entspannt, allerdings eine Stunde länger als die Hinfahrt, weil der Bus eine andere Route durch Berlin genommen hatte. Nachdem ich in Leipzig noch ein paar Besorgungen gemacht hatte, war ich viel früher als geplant am Flixbus-Terminal, aber ich hatte ja genügend Lektüre von der Messe im Koffer und Kuttners KURT musste ja auch noch beendet werden. Nur die Bänke im Terminal waren unbequem: ohne Lehne, für meine müden Beine etwas zu hoch und die Sitzflächen aus konvexem Metall, so dass man erstens nichts vernünftig darauf abstellen kann und sich zweitens den Arsch abfriert. Wer konzipiert denn solche Scheißbänke an Orten, wo das Warten an der Tagesordnung steht?

Im Bus herrschten Temperaturen wie in einer Sauna, wahrscheinlich hatte er in der Sonne geparkt. Als Ausgleich wurde mir von oben aus der Lüftung eisige Luft direkt vom Nordpol auf den Latz geweht; ein Wunder, dass kein Schnee aus den Schlitzen rieselte. Ich bin trotzdem auf der Stelle eingepennt und erst kurz vor Berlin wieder aufgewacht. Die anderen Fahrgäste waren auch alle schläfrig, dementsprechend ruhig war die Fahrt. Die einzige Aufregung ging von einer älteren Dame hinter mir aus, die so edel gekleidet und mit teurem Schmuck behängt war, dass ich ernsthaft daran zweifelte, dass der Flixbus ihre bevorzugte Reiseart war. Ich hörte sie schon einige Zeit heftig atmen und stöhnen, und ahnte Schlimmes, was sich dann auch bewahrheitete. Irgendwann erbrach sie sich in eine Einkaufstüte und taumelte damit durch den Gang nach vorn zum Fahrer. Leider war die Tüte nicht ganz wasserdicht, und so tropfte mit jedem Schritt etwas von ihrem Leipziger Allerlei auf den Boden. Sofort begann es säuerlich zu stinken. Als der Fahrer mitbekam, was los war, steuerte er den nächsten Rastplatz an, der Gott sei Dank nicht allzu weit entfernt war. Die Dame nutzte die Zwangspause, um sich auf der Rastplatz-Toilette frisch zu machen, kam erhobenen Hauptes zum Bus zurück und nahm mit würdevoller Eleganz wieder Platz. In ihrem eisigen Blick war klar zu lesen: »Das ist nie passiert, haben wir uns verstanden?« Es wurde kein Wort mehr darüber verloren.


Nun ist sie also vorbei, die Messe, für mich zumindest. Was hat sie mir gegeben, was habe ich mitgenommen? Zunächst einmal: Die Leipziger Buchmesse ist viel, viel angenehmer als die Frankfurter. Das Messegelände ist schöner, es gibt mehr Ruhepole und es ist trotz der Massen weniger hektisch … außer im Nahverkehr vielleicht. Man kann sich hier wunderbar verabreden und unterhalten, und es gibt immer ruhige Ecken, in die man sich zurückziehen kann. Das sind alles Kleinigkeiten, die mir in Frankfurt irgendwie fehlten. Auch Leipzig als Stadt hat viel zu bieten; ich sollte unbedingt mal einen Städteurlaub der Familie als Vorschlag unterbreiten. Was noch? Leipzig ist die Stadt der schlechten Wortspiele: Ein Lokal heißt ZumutBar, ein Bäcker heißt Der Brotagonist (Okay, der ist gar nicht so schlecht). Und apropos Wörter: Warum wird der Bayerische Bahnhof anders geschrieben als der Bayrische Platz, der genau darüber liegt? Aber das sind alles Nebensächlichkeiten.

Es waren drei wunderbare, inspirierende, anstrengende und inputreiche Tage, die ich sehr genossen habe. Ich habe viel gesehen, gehört, gelacht und gelesen, konnte neue Bekanntschaften machen und alte auffrischen, und vor allen Dingen viele Eindrücke und Erinnerungen mit nach Hause nehmen, die ich so schnell nicht wieder vergessen werde.

Ganz liebe Grüße an alle, die ich in Leipzig getroffen habe und die das hier lesen.
Es war mir ein Fest!
Stefan

Anreise | Messedonnerstag | Messefreitag | Rückfahrt

7 Gedanken zu “LBM19-Tagebuch | Rückfahrt

  1. Hey,

    deine Beiträge zur LBM samt An- und Abfahrt sind wirklich klasse. Total amüsant, ich habe sie alle mit einem breiten Grinsen gelesen, vor allem den Teil mit der Dame im Bus. Danke dafür! Und da ich sonst eher still auf deiner Seite mitlese, auch mal ein dickes Lob für deine Rezensionen, die nicht nur fundiert sind, sondern wirklich toll geschrieben. 🙂 Ich schaue sehr gerne hier vorbei.

    Beste Grüße
    Alex

    Gefällt 1 Person

  2. Das mit den Bänken im Busbahnhof stimmt, die sind echt unbequem. Toller Text, hab viel gelacht. Liebe Grüße aus Leipzig! Chris

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