Bov Bjerg | AUERHAUS

D 2015 | 236 Seiten
Blumenbar
ISBN: 978-3-351-05023-8

Vera leuchtete runter. Auf den Stufen lag Frieder.
Ich: »Weint er?«
Vera: »Er lacht.«
Frieder lag auf dem Rücken, den Kopf treppauf. Unter der Bommelmütze kniff er die Augen zusammen. Er kicherte: »Ich hab’s gemacht! Ich hab’s gemacht!«
Ich stieg über ihn rüber, nach unten. Aus den Sohlen seiner Stiefel bröckelte der Schnee. Unten an der Treppe lag die Axt. (Seite 7)

INHALT:  Irgendein Dorf im Schwäbischen in den 80er Jahren. Hier ist nicht viel los, doch als Höppner erfährt, dass sich sein Schulfreund Frieder das Leben nehmen wollte, ist nichts mehr wie es mal war. Was waren die Gründe? Gab es vorher schon Zeichen für einen Selbstmord? Nach Frieders obligatorischem Aufenthalt in der psychiatrischen Anstalt beginnt »Projekt Auerhaus« (benannt nach dem Madness-Hit Our House): Ein leerstehendes Bauernhaus wird zur Jugend-WG. Zusammen mit ihren Klassenkameradinnen Vera und Cäcilie bestreiten sie den Alltag, versorgen sich, lernen fürs Abitur und vor allen Dingen: Sie passen auf Frieder auf. Was vielversprechend beginnt, läuft nach und nach aus dem Ruder und endet in einem Desaster, denn der Cocktail aus jugendlichem Leichtsinn, gesellschaftlichem Leistungsdruck und ständiger Angst um einen Freund ist nur schwer verdaulich.

FORM: Die Sätze sind kurz, die Sprache nüchtern, die Dialoge knapp und auf den Punkt genau. Ein schweres Thema in leichten Worten. Alles gewürzt mit einem schwarzem Humor, der, ganz wie der Ich-Erzähler Höppner, auf wackligen Beinen steht. Er möchte locker sein, er möchte cool sein, aber es schwebt die ganze Zeit eine düstere Vorahnung mit, eine Traurigkeit, eine Angst. Es ist ein ängstlicher Humor, und den hat Bjerg meiner Meinung nach hervorragend getroffen. Manche Pointen sitzen so gut, dass ich beim Lesen laut lachen musste.

Frieder aß ziemlich hastig und viel. Er war immer als Erster fertig. Dann schob er den Teller von sich weg und sagte: »Ich bin satt. I am sad.« (Seite 61)

FAZIT: Eins ist klar – Das AUERHAUS werde ich so schnell nicht vergessen. Die Figuren sind mit all ihren Fehlern und Macken sehr liebenswert und die Geschichte ging mir mit ihrer traurig-fröhlichen Art zu Herzen. Hier und da hätte ich mir vielleicht ein bisschen mehr Entwicklung gewünscht, das Ende wirkt zum Beispiel sehr abgewürgt; wie unter Zeitdruck entstanden. Deswegen vergebe ich nur … nein, komm schon, Scheiß drauf! Egal. Nicht egal.
Fünf Sterne! Auf Dich, Frieder!

Frieder sagte: »Du hast die Augen zu und treibst auf deiner Luftmatratze, ein sanfter Wind weht, und du denkst, geil, jetzt lebe ich für den Rest meines Lebens hier in dieser Lagune, in der Südsee. Und dann machst du die Augen auf und merkst, es ist bloß ein Nachmittag am Baggersee, und zack ist der auch schon vorbei.« (Seite 214)

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