Joachim Meyerhoff | ALLE TOTEN FLIEGEN HOCH Teil 1: AMERIKA

D 2011 | 320 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-04967-1

Von der norddeutschen Kleinstadt, in der ich nicht geboren, aber aufgewachsen bin, braucht der Eilzug nach Hamburg keine zwei Stunden. In diesen Zug stieg ich ein und suchte mir einen Sitzplatz. (Seite 7)

INHALT: Der junge Joachim fährt nach Hamburg, um sich für ein Basketballstipendium zu bewerben. Wider alle Hoffnung erhält er den Zuschlag, nimmt für ein Jahr Abschied von der norddeutschen Idylle und fliegt ins große Abenteuer namens Amerika. Doch er landet in Laramie, Wyoming, einem Ort, der es in puncto Verschlafenheit locker mit Schleswig aufnehmen kann.

Nach den üblichen Startschwierigkeiten (besonders mit dem Sohn der Gastgeberfamilie, in dessen Zimmer er wohnt), und einem ungeplanten Aufenthalt in Deutschland (ein Trauerfall in der Familie), macht Joachim doch noch seinen Frieden mit dem tristen Land und seinen seltsamen Einwohnern. Er feiert Erfolge im Basketballteam, gewinnt Freunde und am Ende gibt es sogar so etwas wie Abschiedsschmerz.

FORM: Der erste Teil der meyerhoffschen ALLE TOTEN FLIEGEN HOCH-Trilogie ging bei der Veröffentlichung 2011 etwas unter und erfuhr erst nach den Erfolgen von WANN WIRD ES ENDLICH WIEDER SO, WIE ES NIE WAR und ACH, DIESE LÜCKE, DIESE ENTSETZLICHE LÜCKE soviel Aufmerksamkeit, dass es Ende 2015 sogar für eine Hardcover-Neuausgabe reichte, was nun wirklich selten ist.

Meyerhoff lässt es zu Beginn seines Buches ordentlich krachen: Eine skurrile Szene jagt die nächste, und mit den grandios pointierten Sätzen, die zum Schreien komisch sind, zeigt er eine große Könnerschaft in Sachen Humor. Die Lederhosen-Rutschfahrt, der Scheißeregen in Flensburg, die Nutten-Episode mit dem gesammelten Klimpergeld im haarigen Bullensack, Nasenbluten um Mitternacht… Ungelogen: Im ersten Drittel habe ich mehrmals schallend gelacht. (Auch in einem Fischrestaurant bei einem schnellen Abendessen unter den ratlosen Blicken dutzender Gäste. Ich konnte nicht aufhören; hochgradig unangenehm … aber das gehört hier nicht her.)

Doch dann schleicht sich irgendwo auf der Hälfte der Wurm ein. Die Lacher bleiben aus, der Text wird ernster, die Szenen belangloser. Was wirklich schade ist, denn bis dahin ist das Buch großartig und erfüllt alle Erwartungen. Ab der Hälfte merkt man leider auch, dass Meyerhoffs Schreibkünste diese Durststrecken nicht überbrücken können, dazu ist er einfach nicht versiert genug. Der Dämpfer mit dem Trauerfall ist als Tiefgang zu flach und die Beschreibungen der Trauer und den emotionalen Folgen zu allgemein gehalten; da fehlen die Aspekte, die man eben noch nicht kennt, die man eben nicht schon in zwanzig anderen Büchern gelesen hat.

FAZIT: Stark zu Beginn, mit großen Durchhängern in der zweiten Hälfte – drei Sterne.

Dennoch: Ich konnte mir in den letzten Jahren ein Bild von Joachim Meyerhoff machen (er wurde ja monatelang von Talk-Show zu Talk-Show gereicht) und kann sagen, dass er mir sehr sympathisch ist. Und wenn ich mich so durch die Jubelrezensionen lese, hat er bei den Folgeromanen wohl vieles richtig gemacht. Lirum larum: Alle drei Teile stehen bei mir im Regal und ich freue mich trotz des mäßigen Starts auf die Fortsetzungen.

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