AUT 2016 | 202 Seiten
Wallstein Verlag
ISBN: 978-3-8353-1873-1
Wo ich Ninni zum ersten Mal gesehen habe? Im Dschungel der Großstadt! Nicht in Indien, nicht in Afrika, nicht in Asien, aber doch in einer sogenannten Weltstadt. Mehr sage ich dazu nicht, sonst kommt noch einer angereist. (Seite 9)
INHALT: Der junge Held des Romans (getauft, englisch: Jimmi; genannt, deutsch: Schimmi) hat sich tierisch in die Ninni verknallt, die im Tower gegenüber wohnt. Keine Frage: Bei der muss er landen, alle anderen müssen warten. Wie gut, dass er der absolute Gangsta-Checker ist, der die chicas der Reihe nach flachlegt. Also keine Sorge Bros, der Schimmi fächert die Dollars, besorgt sich noch den edelsten Zwirn und erobert die Lady im Sturm. Wie soll sie sich auch wehren, beim Anblick dieses Alphamännchens?
Es ist ein kurzer Moment, der mich aus dieser Ewigkeit aufschrecken lässt: Als ich mich in der Küche im Glas der Mikrowelle spiegele. Tippitoppi! Wie gut ich aussehe, hab ich kurzfristig beinah vergessen gehabt ohne meinen Selfiestick. (Seite 66)
Hui, und vorher noch mal ab in die Disse, den Swag presenten und mit Bourbon am Hals die Ladies abchecken. Bam!, Zap!!, Kapow!!!, mit goldenstem Smile. In seiner Gosse, in seinem Block, Alda, logicalistisch ist er hier der Boss…
FORM: Spaß beiseite – Schimmi ist ein ganz armes Würstchen. Was Teresa Präauer (*1979) hier auf gut 200 Seiten im hard-boiled-Gangsta-Rap raushämmert ist die traurige Geschichte eines vernachlässigten Kindes, das mit Sex-Hotline-Werbung und Marshmallows groß geworden ist. Schimmi wird nirgends ernst genommen und erfährt überall Ablehnung, malt sich in seiner bodenlosen Selbstüberschätzung alles schön zurecht. Die Mutter ist ständig auf Achse oder liegt verkatert im Bett, die Kommunikation läuft nur per Smartphone. Der Vater (ein Rodeo-Reiter, dessen Pferd über Schimmi galoppiert ist, als der noch ein Kleinkind war) ist schon lange weg, über seinen Verbleib ranken sich Sagen und Legenden.
Mit spielender Leichtigkeit gelingt Präauer der Spagat, den Leser einerseits permanent lächeln, andererseits tiefes Mitleid empfinden zu lassen. Ob Schimmi nun Sympathieträger ist oder das genaue Gegenteil, überlässt sie dem Leser. Unabhängig davon ist der Obermakake eine literarische Figur, die einem selten unterkommt, was in jedem Fall eine Bereicherung ist.
FAZIT: An zwei Abenden ausgelesen und sehr viel Spaß dabei gehabt – fünf Sterne.
p.s.: Beim Lesen hatte ich die ganze Zeit die nörgelnde Stimme Jan Delays im Kopf. Seine Synchronarbeit für die Figur Vector im Animationsfilm ICH – EINFACH UNVERBESSERLICH passt für Schimmi wie Arsch auf Eimer. Also falls es mal ein Hörbuch geben sollte: Jan, das wäre Dein Job!
[…] Marat nicht ganz so hell ist.) Ein Schnack mit Saša Stanišic, ein Bier mit Akos Doma, Bussi mit Teresa Präauer, High-Five mit Clemens Meyer – für diese wundervollen Abende, für diese überaus interessanten […]
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