D 2007 | 205 Seiten
Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462-03914-6
»Wir liegen auf den beiden Matratzen, nicht Seite an Seite, dennoch Kopf an Kopf.« (Seite 7)
INHALT: Soja und Harry waren einmal ein Paar. Einige Jahre nach dem Ende der gemeinsamen Zeit, bekommt Soja eine Art Tagebuch in die Finger, in dem Harry von ebenjenen Monaten in den späten 1980er Jahren in Westberlin berichtet, als die beiden sich kennenlernten. Er schreibt über alles und jeden … nur über Soja nicht. Dabei war sie die einzige, die sich wirklich um ihn gekümmert hat, die einzige, von der man behaupten könnte, sie habe ihn verstanden. Obwohl es nicht einfach war, denn Harry war nicht nur schweigsam, sondern auch verschwiegen. Erst nach und nach erfuhr Soja, mit wem sie da eigentlich zusammen war, und sein Tagebuch ergänzt ihr Wissen…
FORM: Das Buch ist in der Ich-Form aus Sojas Sicht geschrieben. Es entsteht eine Art Bericht oder Brief an Harry. Soja spricht ihn direkt an, erzählt die gemeinsame Zeit nach und ergänzt diesen Bericht um die Zeilen aus Harrys Tagebuch. Obwohl die Beziehung der beiden im Vordergrund steht, tut sich dem Leser ganz nebenbei ein authentisches Bild der Wendezeit in Berlin auf, was die ganze Geschichte in ein leicht vergilbtes Licht taucht.
FAZIT: Grundsätzlich hat mir der Roman gut gefallen, allerdings tat ich mich mit der besonderen Grammatik etwas schwer, die sich aus der Briefform ergibt. Da Soja die Vergangenheit beschreibt und Harry dabei anspricht, benutzt sie die zweite Person Singular im Präteritum: du sagtest, zischtest, flüstertest, stecktest, küsstest, erklärtest, erwidertest, und so weiter und so fort, in allen Farben, in rauen Mengen. So interessant das auch sein mag, ging es mir beim Lesen gehörig auf die Nerven. Auch wirkten die Sätze auf mich zu bemüht verschachtelt; irgendwie unrund und holprig.
Die Story an sich fand ich großartig. Es beginnt alles sehr locker und auf eine unkitschige Art romantisch, entwickelt sich dann aber zu einem echten, soll heißen glaubwürdigen Drama, das mich sehr berührt hat. Auf halber Strecke gibt es eine Szene, bei der ich seit langer Zeit mal wieder merkte, dass gute Schriftsteller die Macht haben, dem Leser aus dem Nichts heraus einen Knüppel in die Magengrube zu dreschen. Wer das Buch kennt, weiß, welche Szene ich meine.
Tolle Geschichte, Abzüge jedoch in der B-Note … sagen wir vier Sterne.
»Wir haben einander und Zeit; nichts sonst, doch davon ganz viel, obwohl es scheint, als existiere sie gar nicht mehr.« (Seite 205)