Katya Apekina | JE TIEFER DAS WASSER

USA 2018 | 396 Seiten
OT: »The Deeper the Water the Uglier the Fish«
Aus dem amerikanischen Englisch von Brigitte Jakobeit
Suhrkamp
ISBN: 978-3-518-42907-5

Es ist unser zweiter Tag in New York. (Seite 11)

Die beiden Schwestern Edith und Mae, die seit frühester Kindheit bei ihrer Mutter Marianne in einem Vorort von New Orleans aufwachsen – werden eines Tages von ihrem Vater Dennis nach New York City verfrachtet, wo sie von nun an bei ihm leben sollen. Der Grund: Marianne sitzt nach einem Suizidversuch in einer Nervenklinik und Dennis versucht scheinbar, seine verpassten Vaterpflichten nachzuholen. Während Mae, die jüngere der beiden, völlig fasziniert ist von diesem fremden Mann und ihrem neuen Leben, geht Edith auf Distanz, denn sie weiß wie gefährlich Dennis sein kann.

Er nutzt sein einnehmendes Wesen dazu, die Menschen in seinem Umfeld emotional auszusaugen, um Stoff für seine Bücher zu bekommen. Bei der sensiblen, viel jüngeren Marianne hat er das Jahre lang so gemacht und sie am Ende völlig labil mit den Töchtern sitzen gelassen. Diese kräftezehrende Beziehung, von der sich Marianne nie richtig erholte, war Inhalt seines ersten Erfolgsromans, der ihm die finanzielle Unabhängigkeit bescherte. Als Edith merkt, dass sich Mae wie eine Besessene ihrem Vater hingibt, und dieser sie zu Dingen anstachelt, die weit jenseits einer gesunden Vater-Tochter-Beziehung stehen, nimmt sie Reißaus und flieht zurück nach New Orleans zu ihrer Mutter. Aber auch hier ist nichts mehr wie es einmal war.


Es ist ein dunkler, schwerer Roman, den uns Katya Apekina (geboren in Moskau, aufgewachsen in Los Angeles) hier als ihr Debüt vorsetzt. Man mag seinen Augen kaum trauen, was für Abgründe sich in dieser Familie auftun, und mit jedem Kapitel gerät man tiefer in den Sumpf aus seelischen Abhängigkeiten. Der Titel des Buches JE TIEFER DAS WASSER geht im Original mit DESTO HÄSSLICHER DER FISCH weiter und ist ein gelungenes Sinnbild für den Lebens- und Leidensweg sowohl der Mutter als auch ihrer Töchter.

Interessant ist die Struktur des Romans. Zeitlich ist die Handlung im Jahr 1997 angesiedelt und jedes der vielen kurzen Kapitel wird von einer anderen Figur erzählt, eine Technik, die in der amerikanischen Literatur eine lange Tradition hat, denkt man nur an William Faulkners ALS ICH IM STERBEN LAG oder – ein etwas jüngeres Beispiel – Jesmyn Wards SINGT, IHR LEBENDEN UND TOTEN, SINGT. Die meisten Kapitel hier kommen natürlich von den Schwestern, wobei aber nur Ediths Wortmeldungen im Präsens geschrieben sind. Alle anderen schauen aus heutiger Sicht auf die längst vergangenen Tage zurück – ein gelungener Trick, der die Spannung aufrecht hält, was seit dieser Zeit geschehen sein mag.

JE TIEFER DAS WASSER ist ein zum Teil verstörender Roman, der schnell Fahrt aufnimmt und in intensiven Szenen zeigt, wie eine Familie unter emotionalem Stress zerbrechen kann. Lesenswert, aber mit Vorsicht zu genießen.


42907JE TIEFER DAS WASSER ist beim Verlag Suhrkamp erschienen, dem ich herzlich für das Rezensionsexemplar danke. Mit einem Klick aufs Coverbild kommt Ihr zur Verlagseite, wo Ihr Informationen über Buch und Autorin, sowie eine Leseprobe findet. Und noch eine kleine Bitte: Kauft Bücher in Euren Buchhandlungen vor Ort. Die Online-Riesen sind schon satt genug und Eure Innenstädte werden es Euch danken.

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