Yasmin Sibai | PUNKED

D 2023 | 352 Seiten
Frankfurter Verlagsanstalt
ISBN: 978-3-627-00307-4

Notaufnahme. Abgestandene Luft, niedrige Decken mit Neonbeleuchtung, müde Wände in orthopädischem Beige.

(Seite 9)

Vor dreizehn Jahren war Bey noch Punk, spielte Bass in einer Band und machte in den Berliner Underground-Clubs die Nacht zum Tag. Heute lebt sie gutsituiert als Möbeldesignerin in einem Vorort von Amsterdam, hat ein Kind und jede Menge first-world-problems. Wo das alles hin ist – das Anti-Sein, das Rebellieren gegen die verhasste Wohlstandsschicht –, möchte sie oft selbst gern wissen, doch lebt es sich auch ganz nett, so ohne Existenzängste. Erst eine Todesanzeige bringt sie wieder mit ihrer Vergangenheit zusammen…

Iggy, ihr Freund aus Punkzeiten, ist gestorben. Angeblich an einer Überdosis, dabei lag seit Jahren schon im Koma. Kaum vorstellbar, dass er – so knapp dem Tod entkommen – gleich wieder zu den Drogen gegriffen haben soll. Bey reist zur Beerdigung nach Berlin und fängt an, ihren alten Weggefährten auf den Zahn zu fühlen, nicht ahnend, dass sie damit einem mafiösen Verbrecherring auf die Spur kommt, und nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihres Kindes aufs Spiel setzt.


Tja… ich weiß nicht so recht… PUNKED ist ein Debütroman, wie man ihn oft in die Finger bekommt, mit allen typischen Stärken und Schwächen: Die Geschichte ist ambitioniert komplex, aber auch detailverliebt zerfasert; man kauft der Autorin ab, sich mit dem Thema auszukennen, ist aber auch genervt von all dem überflüssigen Infodump, den sie in die Seiten hämmert. (Es gibt beispielsweise eine Figur in dem Roman, die keine Ahnung von Punk hat, weder von der Musik noch von der Subkultur. Diese Figur ist nur dazu da, damit Bey ihr ganzes Punkwissen an den Mann bringen kann, quasi als Erklärbärin für die Lesenden.)

Schlussendlich übertreibt es Yasmin Sibai mit der Reichweite der Kriminalgeschichte, die mit dem Tod von Beys Ex-Freund aufgedeckt wird. Das liest sich alles thrillermäßig spannend, wirkt aber doch sehr weit hergeholt. Meiner Meinung nach hätte es das alles gar nicht gebraucht. Ich habe mich zwischendurch oft gefragt, was ich hier eigentlich lese. Ein Sozialdrama oder einen Thriller? Das sind zwei Genres, die nicht so recht zusammenpassen wollen, jedenfalls nicht so, wie sie in PUNKED angelegt sind. Mich hat der Einblick in die Neunziger-Jahre-Szene viel mehr interessiert als der ganze Krimikram. Der aber überstrahlt den Punkplot so dermaßen, dass am Ende auch jede andere Subkultur die Basis hätte bilden können… schade. Wenigstens ist der (für aktuelle Romane mittlerweile obligatorische) Soundtrack nicht so weichgespült wie der von anderen.

Fazit: Unterhaltsam aber unausgereift.


PUNKED erschien in der Frankfurter Verlagsanstalt, der ich herzlichst für das Rezensionsexemplar danke. Mit einem Klick aufs Coverbild gelangt Ihr zur Verlagsseite, wo Ihr Informationen über Buch und Autorin, sowie eine Leseprobe findet.

Und noch eine kleine Bitte: Kauft Bücher in Euren Buchhandlungen vor Ort. Die Online-Riesen sind schon satt genug und Eure Innenstädte werden es Euch danken.

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