Mein Lesejahr 2017

Mit der Zeit der leuchtenden Kinderaugen, der klebrigen Glühweintassen und des unkontrollierten Massenkonsums kommt auch die Zeit der Jahresrückblicke. An dieser schönen Tradition möchte ich auch dieses Jahr teilnehmen, um die vergangenen zwölf Monate Revue passieren zu lassen. Hier also meine ganz persönliche Retrospektive.

RÜCKBLICK: In diesem Jahr habe ich mit insgesamt über 17.000 Seiten in 55 Büchern ein für mich unfassbares Pensum erreicht. Normalerweise bin ich froh, wenn ich überhaupt bis an die 10.000er-Marke komme. Ich bin ein relativ langsamer und konzentrierter Leser und muss mir – bedingt durch Beruf und Familie – feste Lesezeiten schaffen. Ich lese sehr gern in meinen Stammlokalen in der Rostocker Altstadt, dort kann ich problemlos abschalten, auch wenn’s mal etwas lauter wird.

Ein Grund für die hohe Seitenzahl – Ich kann’s immer noch kaum fassen! – ist sicherlich, dass ich mich endlich mal getraut habe, Verlage um Rezensionsexemplare zu bitten. (An dieser Stelle ein großes Dankeschön allen Pressebeauftragten der Verlage mit denen ich 2017 zu tun hatte! Ihr wart alle wunderbar!) Leider bekam ich schnell ein Problem: Nach meinen ersten erfolgreichen Anfragen wurde ich immer hungriger. So hatte ich es gleich etwas übertrieben und einen to-be-read-Stapel anwachsen lassen, den ich unmöglich fristgerecht abarbeiten konnte. Also musste ich beim Lesen etwas auf die Tube drücken und erst im November hatte ich keine (Rezensions-)Schulden mehr. Seitdem halte ich mich etwas zurück und frage nur an, wenn ich auch sicherstellen kann, dass ich das Buch innerhalb der nächsten vier Wochen schaffe.

Neben der reinen Lektüre so vieler toller Romane durfte ich auch eine Menge Lesungen erleben. Das Literaturhaus Rostock und die Andere Buchhandlung haben sich auch dieses Jahr wieder ins Zeug gelegt und gefeierte Autoren wie Ingo Schulze und Tilman Rammstedt in die Stadt geholt. Ich durfte Kerstin Preiwuß, Klaus Cäsar Zehrer und Jochen Schmidt kennenlernen, mit Philipp Winkler über Fußballfantum philosophieren und mit Frank Heibert Straßenbahn fahren. An alle Autorinnen und Autoren: Vielen Dank für die wunderbaren Lesungen und die schönen Abende!

Mein Blog – und darauf bin ich ganz besonders stolz – konnte in diesem Jahr einen enormen Aufschwung verzeichnen. Das liegt zum einen an der Vernetzung mit Facebook, Twitter und LovelyBooks (Vielen Dank an die Buchbloggerin, für die vielen Tipps!), zum anderen durfte ich mehrmals als Gast bei der Literatursendung des Rostocker Radiosenders LOHRO mitwirken – Du lieber Himmel, was war ich aufgeregt! –, was die Aufrufwerte jedes Mal stark ansteigen ließ.
Vor allem aber liegt das natürlich an Euch treuen Lesern. Deswegen:

Vielen, vielen, vielen Dank dafür!
Das macht mich echt glücklich!

Es macht mir großen Spaß, die Bücher nach der Lektüre zu besprechen und es freut mich riesig, zu sehen, dass meine Texte von Euch gelesen werden. Aber ich bin kein Profi und nur durch Feedback kann ich mich verbessern. Also: Lob nehme ich natürlich gerne an – Wer tut das nicht? –, aber haltet Euch auch mit Kritik oder Gegenargumenten nicht zurück. Ich hoffe, Ihr bleibt mir auch im nächsten Jahr treu und empfehlt mich weiter.


Doch nun zur Verkündung der Jahrespreise. Der Großteil der gelesenen Romane war mir fünf Sterne wert, richtig enttäuscht wurde ich selten. Das könnte bedeuten, dass ich schon im Vorfeld ziemlich genau weiß, was mir gefällt und was nicht. Manche Leseeindrücke verblassen über die Monate und relativieren die ursprüngliche Bewertung, manche bleiben bestehen und zementieren sie. Folgende Romane (in der Reihenfolge der Lektüre) zähle ich zu meinen Highlights des Jahres 2017:

Tim Robbins | PAN AROMA
Tilman Rammstedt | MORGEN MEHR
Peter Wawerzinek | RABENLIEBE
Kerstin Preiwuß | NACH ONKALO
Larry Brown | FAY
John von Düffel | KLASSENBUCH (Geheimtipp!)
Klaus Cäsar Zehrer | DAS GENIE
José Saramago | EINE ZEIT OHNE TOD
Joshua Cohen | SOLO FÜR SCHNEIDERMANN
Hari Kunzru | WHITE TEARS (Geheimtipp!)

Es gibt aber ein Buch um das man in diesem Jahr nicht herumkam, das alle auf irgendeine Weise vom Hocker gerissen hat – mich ebenso und alle, denen ich das Buch empfahl. Und auch wenn dieser Roman eigentlich gar nicht so recht in mein gewohntes Beuteschema passt, bin ich nach wie vor erstaunt, wieviel er in mir beim Lesen anrühren konnte. Vielleicht war es auch gerade dieser Überraschungsangriff, der Umstand, dass ich eigentlich kaum etwas erwartet hatte. Der Preis für mein persönliches Buch des Jahres – Ihr ahnt es schon – geht an:

Mariana Leky | WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN

Es ist verrückt, wie lange mich dieser Roman auch nach dem Lesen noch berührt hat und es immer noch tut. Ich habe viel mit Freunden und Bekannten über das Buch gesprochen, mich kürzlich bei einem Literatur-Seminar an der Rostocker Uni – dem ich als Gast beiwohnen darf – damit beschäftigt und es wird auch bei meinem nächsten Radio-Auftritt Thema sein. Und dann wird Mariana Leky im Zuge der LiteraTour Nord auch noch bald zu Gast in Rostock sein, was ich mir natürlich nicht entgehen lasse. Ihr Roman ist – und das sage ich aus vollster Überzeugung – das Beste, was mir in diesem Jahr unter die Lesebrille gekommen ist. Wer ihn noch nicht kennt: Nachholen! Sofort!

Richtige Enttäuschungen gab es wenige. Murnanes EBENEN war nicht mein Ding, Chirovici hat mit seinem BUCH DER SPIEGEL mehr versprochen,  als er halten konnte, und Marainis DAS MÄDCHEN UND DER TRÄUMER war mir zu moralisch. Rückblickend hat mich aber nur ein Buch richtig verärgert und deswegen geht die Gurke des Jahres an Olivia Mannings ABSCHIED VON DER UNSCHULD, ein völlig verlaberter und runtergeleierter Schmus, bei dem ich mich immer noch frage, was er in der ansonsten so großartigen Edition Weltlese zu suchen hat.


VORBLICK: Da ich meine Vorhaben des letzten Jahresrückblicks nur halbwegs erfüllen konnte – weder habe ich Karl Ove Knausgård weiter-, noch Rachel Cusk angelesen, DIE KNOCHENUHREN habe ich nicht nachgeholt, und von meinen geplanten drei dbp-Shortlists konnte ich nur eine abhaken –, halte ich mich diesmal mit den guten Vorsätzen etwas zurück. Dennoch freue ich mich auf einige Neuerscheinungen sehr:

Joshua Cohen | BUCH DER ZAHLEN
Andreas Maier | DIE UNIVERSITÄT
Nicole Krauss | WALDES DUNKEL
David Mitchell | SLADE HOUSE
Michael Chabon | MOONGLOW

Mal sehen, was das kommende Jahr noch so bringt. Ich wünsche Euch für 2018 viel Freude und Erfolg, Glück und Gesundheit. Schaut ab und zu mal bei mir rein!

Einen guten Rutsch und beste Grüße von der Ostsee!
Euer Bookster aus Rostock!

21 Gedanken zu “Mein Lesejahr 2017

  1. Mir geht das ähnlich mit meinen Vorhaben, da steht noch einiges aus, deshalb habe ich diesmal gar nichts angekündigt, aber ich bin gewillt, das alles noch nachzuliefern. Eine schöne Liste! Ich nutze die Gelegenheit, Dir zu sagen, wie gern ich bei Dir vorbeikomme und Deine Besprechungen lese. Ich freu mich auf das nächste Lesejahr und Deine Empfehlungen. Und ich muss unbedingt bald den Cohen lesen…

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  2. Ich habe mir für 2018 vorgenommen, meiner sprichwörtlichen „Neu-Gier“ nicht allzu weit zu folgen, aber auch ich freue mich auf Neues. Natürlich auch hier, wo ich immer viele Anregungen, bzw. Bestätigungen finde 😉 Dir und Deinen Lieben, einen guten Rutsch in ein wunderbares Jahr 2018!!

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    • Dankeschön! Mit 55 Büchern bin ich – wenn man sich hier mal so umsieht – wohl eher Mittelmaß, mehr ist bei mir nicht drin. Bin aber auch nicht so ein Challenge-Readaholic; ich sehe Lesestunden eher als Mußestunden an, als Genuss und Ausgleich. Damit komme ich bestens zurecht.
      Beste Grüße von der Ostsee und alles Gute für das neue Jahr! Bookster HRO

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  3. Die besten Wünsche für 2018 und vielen herzlichen Dank für die Info zu David Mitchells neuem Roman von dem ich bisher noch nichts wusste. Bei dir gibt es immer wieder Feines zu entdecken, verbesserungswürdiges nicht. Die klare Struktur und die Schlichtheit die man hier vorfindet ist sehr ansprechend, die Besprechungen hochwertig, unaufgeregt, ab an und herrlich amüsant durchsetzt und fundiert. Selbst, wenn mir ein Buch nicht, oder wesentlich besser, zusagte konnte ich es in deiner Rezension finden. Zudem finde ich hier Bücherverlockungen, die in meinem Beuteschema sonst nicht vorkommen und neugierig machen.
    Danke, und guten Rutsch durch das neue Jahr

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    • Vielen Dank für die lieben Worte, das freut mich sehr! Die Ankündigung zu SLADE HOUSE habe ich auch erst auf den letzten Drücker mitbekommen; bin sehr gespannt.
      Beste Grüße von der Ostsee und alles Gute für das neue Jahr! Bookster HRO

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  4. Alles Gute für 2018!
    Das mit den Rex kenne ich nur zu gut, daher fordere ich so gut wie keine mehr an. Ist mir zu stressig geworden 😉
    Von den aufgelisteten Büchern kenne ich keins, wobei ich das zu ändern gedenke. Das eine oder andere hört sich nicht schlecht an.
    Dann ‚auf ein erfolgreiches Lese- und Blogjahr 2018!‘
    Viele Grüße
    Tanja

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    • Vom Lesen gestresst sein – das ist, was ich gar nicht brauchen kann. Deswegen mach ich auch keinerlei Challenges mit, zumindest nicht unter Zeitdruck.
      Schön, dass Dir mein Blog gefällt!
      Schau ab und zu mal bei mir rein!
      Beste Grüße von der Ostsee! Bookster HRO

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